Stadionverbote sind die öffentlich bekannte Maßnahme um Fußballfans zu bestrafen, die in den Augen der Behörden oder der Vereine nichts im Stadion verloren haben. Ob in den jeweiligen Fällen gerechtfertigt oder nicht, sei hier einmal dahingestellt.
Die jedoch deutlich strengere Möglichkeit ist ein Betretungsverbot. Betroffene dürfen dabei rund um ein Fußballspiel bestimmte Bereiche am Spielort bei Strafandrohung nicht betreten. Das kann das Gebiet rund um das Stadion sein, bestimmte neuralgische Punkte in der Stadt wie z. B. der Bahnhof oder auch das komplette Stadtgebiet. Bundesweit wurden mehr als 10.000 Betretungsverbote seit der Saison 2013/14 gegenüber 1.500 Personen verhängt. Sichtbar wird dabei auch ein Anstieg der Zahl von Jahr zu Jahr. Da die Betretungsverbote von den Sicherheitsbehörden der jeweiligen Stadt bzw. des Landkreises verhängt werden, fehlen bundeseinheitliche Standards.
In Augsburg wurde vor Beginn der Saison gegen einen Fan des FCA ein drastisches Betretungsverbot und Aufenthaltsverbot durch die Stadt Augsburg verhängt, was wohl seinesgleichen sucht. Der Anhänger darf laut der Maßnahme für knapp ein halbes Jahr 6 Stunden vor und 6 Stunden nach einem Spiel des FCA und auch des FCA II nicht Gebiete betreten, die quasi den kompletten Innenstadtbereich der Stadt Augsburg betreffen und darüber hinaus Gebiete rund um das Rosenau- und das Schwabenstadion. Da der junge Mann in der Innenstadt wohnt, wäre ihm so ein Verlassen seiner Wohnung an Spieltagen der beiden Mannschaften (also quasi jedes Wochenende) für rund 14 Stunden verwehrt, da er sonst gegen das Verbot verstoßen würde und ein Zwangsgeld zu bezahlen hätte. Da keine Ausnahme- oder Härtefallregelung besteht, dürfte er nicht einmal bei dringenden, z.B. ärztlichen oder familiären Besuchen, außer Haus gehen, da sofort 150€ Bußgeld fällig sind.
Kleines Beispiel: ein Heimspiel der zweiten Mannschaft gegen Unterföhring am Freitag Abend und ein Heimspiel der ersten Mannschaft gegen Wolfsburg am Samstag Nachmittag würde es unserem Mitglied unmöglich machen seine eigene Stadt zwischen Freitag Nachmittag und Samstag Nacht zu betreten.
Der betroffene Fan wurde im Vorfeld wegen Beleidigung verurteilt, den Mittelfinger soll er laut Auffassung des Gerichts einem Polizeibeamten gezeigt haben. Dem hieraus resultierenden Stadionverbot folgten im Nachgang auch noch das Betretungsverbot. Die Frage ist, wie die Stadt Augsburg, neben der strafrechtlichen Würdigung, ein derart überzogenes Betretungs- und Aufenthaltsverbot begründet.
Diese Frage wollten wir als Rot-Grün-Weiße Hilfe zusammen mit dem FCA-Fan vor dem Augsburger Verwaltungsgericht geklärt wissen und das Verbot nicht akzeptieren. Denn alleine der Umstand, dass er „Mitglied einer Ultra-Gruppierung“ ist (so ein Teil der Begründung) sollte uns nicht ausreichen.
Bei der Verhandlung stellte sich schnell heraus, dass die Stadt Augsburg deutlich über das Ziel hinausschoss. Kurz gesagt: der Richter betrachtete das Verbot u.a. als völlig unverhältnismäßig. Sowohl die zeitliche Einschränkung von rund 14 Stunden als auch die räumliche stellt „einen nicht unerheblichen Eingriff in die Rechte des Klägers dar“ (Zitat Urteil).
Wir betonen: Rechte des Klägers! Was nichts anderes bedeutet, dass auch Fußballfans Rechte haben und diese auch durchsetzen können.
Die Stadt Augsburg derweil sah dies anders und beantragte die Zulassung der Berufung. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wertete den Einspruch jedoch als keinesfalls begründet und lehnte die Zulassung der Berufung ab.
Neben jeder Menge Kopfschütteln über die Praxis der Stadt Augsburg, darf diese nun auch die Gesamtkosten in vierstelliger Höhe tragen.
Die RGW-Hilfe kritisiert aufs Schärfste diese Art von Verboten, die einen Menschen in seinen Grundrechten massiv beeinträchtigt. Das Verbot, in seiner Heimatstadt an festgelegten Zeiten kaum noch vor die Türe treten zu können, um eine „präventive Gefahrenabwehr“ durchzusetzen, geht deutlich über die rechtsstaatlichen Rahmen hinaus. Denn Betretungsverbote bekommen Menschen, von denen die Polizei glaubt (!), dass sie vielleicht eine Straftat begehen könnten. Dies kann aber nicht die Grundlage einer derart schwerwiegenden Grundrechtseinschränkung sein.
Dieses Urteil jedenfalls sehen wir als wegweisend, da wir die Rechte eines Fans gewahrt sehen. Inwieweit diese es auch bleiben, müssen wir abwarten.
Rot-Grün-Weiße Hilfe Augsburg
12.03.2018