Stellungnahme zu Betretungsverboten und Meldeauflagen

„Ordnungsamt + Bullen: Fickt euch und eure Verbote!“ war am Sonntag auf einer großen Fahne am Zaun der Ulrich-Biesinger-Tribüne zu lesen. Die Aussage der Ultraszene im Stadion und ihre kurze Erläuterung im Vorfeld (https://augsburg.original1907.de/2024/02/fickt-euch-und-eure-verbote.html?i=1) finden ihren Auslöser in Briefen, die am Freitag vor dem Heimspiel gegen Freiburg drei FCA-Fans persönlich durch die Augsburger Polizei zugestellt wurden. Wir als Rot-Grün-Weiße Hilfe e.V. äußern uns nun auch zu dieser – in Augsburg bis dato unvergleichbaren – Agitation der Sicherheitsbehörden in ihrem Kampf gegen Fußballfans.

Mit den Schreiben wurden den Fans Meldeauflagen und Betretungsverbote zugestellt, die ab dem Auswärtsspiel in Darmstadt greifen sollen, jeweils bis zum Ende der Saison. Zusätzlich erhielt einer der Betroffenen bereits zum Spiel gegen Freiburg ein Betretungsverbot. Ausgestellt allesamt durch das Ordnungsamt Augsburg mit freundlicher Unterstützung der Augsburger Polizei.

Dem Betretungsverbot zufolge ist es den Betroffenen untersagt, vier Stunden vor bis drei Stunden nach dem Spiel das Stadiongelände, Bahnhöfe und Straßenbahnhaltestellen sowie weite Teile der Innenstadt zu betreten. Selbst die Nutzung des ÖPNV wird in diesem Zeitraum weitreichend eingeschränkt. Zweifelsohne ein immenser Eingriff in die Freiheitsrechte, besonders dann, wenn sich – wie in den drei vorliegenden Fällen – der eigene Wohnsitz in der Innenstadt befindet. Für Auswärtsspiele bringen die Meldeauflagen die Verpflichtung mit sich, zu bestimmten Uhrzeiten auf einer Polizeiwache in Augsburg anwesend zu sein. Unabhängig davon, ob überhaupt beabsichtigt ist, zum Auswärtsspiel zu reisen oder nicht. Die verhängten Maßnahmen stellen eines der schärfsten Schwerter des Sicherheitsrechts dar.

Die rund 40-seitigen Schreiben zeichnen ein dystopisches Bild der Augsburger Fanszene im Allgemeinen und der betroffenen Personen im Speziellen. Hierbei bedienen sich die Augsburger Ordnungsbehörden suggestiver Überspitzungen, Halb- und Unwahrheiten. Bedient wird stets das Narrativ des gewaltbereiten Fußballfans und der Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Besuch eines Fußballspiels ist jedoch sicher. Exemplarische Vergleiche mit Großveranstaltungen wie z.B. dem Plärrer bestätigen dies.

Die Intention hinter den gesponnenen Narrativen ist offensichtlich. Es soll ein drastisches Bild konstruiert werden, das Fans pauschal als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einstuft, um somit die eigenen Maßnahmen zu begründen. Vorweisen können die Beamten allerdings nur wenig. So hat sich ein Betroffener bis dato strafrechtlich noch nie etwas zu Schulden kommen lassen. Die letzte Verurteilung eines anderen betroffenen Fans liegt bereits sechs Jahre zurück. Im Fall der dritten Person ist lediglich eine Verurteilung ersichtlich. Eine Tat, die sieben Jahre zurückliegt. Der damals noch Jugendliche musste hierfür Sozialstunden ableisten.

Die Absurdität der Bescheide zeigt sich exemplarisch beim Betretungsverbot für das Freiburg-Spiel. So wird dort geschrieben, dass auch die zweimalige Ausschreibung als Gewalttäter Sport keine erkennbare Verhaltensänderung bewirkt hätte. Betroffene werden jedoch über eine Eintragung in die seit Jahren höchst umstrittene „Datei Gewalttäter Sport“ nicht informiert, dies ist auch der Polizei und dem Ordnungsamt bekannt.

Was durch die Sicherheitsbehörden mit „präventiver Gefahrenabwehr“ begründet wird, fühlt sich in Wahrheit jedoch wie eine Bestrafung an. Neben der einhergehenden Stigmatisierung beeinträchtigen die Maßnahmen erheblich das Leben der Betroffenen. Sich beinahe den gesamten Heimspieltag über in der eigenen Stadt nicht frei bewegen zu können sowie die Einschränkung der Bewegungsfreiheit an Tagen von Auswärtsspielen bringt direkte Auswirkungen auf Berufliches und Privates mit sich.

Bereits 2017 sah sich eines unserer Mitglieder mit einem Betretungsverbot konfrontiert. Das Augsburger Verwaltungsgericht sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kassierten diese Maßnahme des Augsburger Ordnungsamts jedoch schnell wieder ein. Auch in den nun vorliegenden Fällen werden wir die Betroffenen unterstützen. Eine juristische Prüfung dieser schwerwiegenden und einschneidenden Maßnahmen wurde heute veranlasst.

Rot-Grün-Weiße Hilfe e.V. im Februar 2024